Catherine Foster ... Mein Seelenort, der Goethepark in Weimar

Catherine Foster ist berühmt für dramatische Partien, wurde schon die weltbeste Elektra genannt. Wenn sie sich von der Power der Rolle erholen will, geht sie spazieren

Mein Seelenort ist der Goethepark in Weimar, ein kleines Stück Natur mitten in der Stadt. Ich stamme aus Nordengland, kam vor zwanzig Jahren nach Weimar, sang am Deutschen Nationaltheater im Ensemble. Da habe ich mich einfach in die Stadt verliebt. Ich war stets viel auf Reisen, stand auf großen Bühnen weltweit, aber Weimar wurde mein Anker, meine Heimat. Weimar hat alles, was ich brauche. Ich komme mit dem Fahrrad überall hin, für Familien ist immer etwas los, die Stadt ist alt und jung zugleich, sehr lebendig. Vor allem hat sie den Park, der ist mein liebster Ort. Von meinem Haus sind es nur zehn Minuten bis zum Goethepark und die gehe ich so oft ich kann. Als ich gerade umgezogen war, kam ich allein hierhin, um über meine Rollen nachzudenken. 2003 kam meine Tochter zur Welt und ich bin mit dem Kinderwagen über die Wege spaziert. Es gibt einen bestimmten Busch, einen wunderschönen Edelflieder, der im Frühling in voller Blüte steht. Ich habe ein Foto von mir und meiner Tochter vor dem Busch, sie als Baby auf meinem Arm. Jetzt macht sie Abitur, letztens standen wir am selben Ort. Heute gehe ich viel mit meinen Hunden spazieren, Barnie und Benji, zwei Havaneser. Während der Lockdowns war ich natürlich viel unterwegs, manchmal den ganzen Tag. Das hat meiner Seele gutgetan.

Der Park ist nicht groß, aber er wirkt wie eine komplette Welt – als sei man weit draußen in der Natur, es gibt große und kleine Flächen, Ecken, Bereiche und immer etwas zu entdecken. »It raises the spirit«, sagen wir in England, es ist erhebend, mich macht der Ort glücklich. An der Westseite liegen sanfte Hügel, unten fließt die Ilm, er heißt ja offiziell auch Park an der Ilm. Aber hier sagen alle Goethepark. Unten am Fluss steht Goethes Gartenhaus, oben auf den Hügeln das so genannte Römische Haus, ein wunderbares klassizistisches Bauwerk. Es liegt nachmittags oft in der Sonne, meine Hunde planschen dort in einem kleinen Becken. Zum Stichwort Seelenort muss ich sagen: Mein Seelenort Nummer eins ist eigentlich die Bühne. Aber dort kann ich ja nicht immer sein. Mein Seelenort Nummer zwei ist die Natur, besonders hier im Goethepark. Mittlerweile sprechen mich Spaziergänger an, weil sie mich erkennen.

Wagner, Puccini, Strauss: Foster ist ein Star im dramatischen Fach. Elektra sang sie mehr als 50 Mal, weltweit. In Weimar, hier am Römischen Haus des Goetheparks, ist sie zu Hause © Guido Werner
 

Als ich nach Weimar kam, musste ich schnell Deutsch lernen, damals sprachen wenig Leute Englisch. Aber ich bin froh darüber, denn es hat mir geholfen, deutsche Partien zu singen. Ich bin sicher, es funktioniert besser, weil ich die Sprache im Alltag erlernt habe. Zur deutschen Klassik habe ich übrigens gar nicht so ein enges Verhältnis, aber zu der Musik von Richard Wagner oder Richard Strauss umso mehr. Meine nächste Partie an der Deutschen Oper Berlin ist Elektra. Ich habe sie schon etwa fünfzig Mal gesungen, aber sie ist stets eine große Herausforderung, weil sie eine unglaubliche Kraft und Energie ausstrahlt.

Richard Strauss war gerade frisch von Weimar nach Berlin umgezogen, als er die Arbeit an der Oper ELEKTRA begann. Er soll sich dennoch oft hier in Weimar mit Hugo von Hofmannsthal getroffen haben, seinem Librettisten. Hofmannsthal kam extra von Wien angereist und ich stelle mir gelegentlich vor, wie die beiden hier spazieren gingen, um ihr Projekt zu besprechen. Hofmannsthal hatte ELEKTRA schon als Bühnenstück geschrieben. Hier in Weimar müssen sie die zahlreichen Änderungen besprochen haben, Längungen und Kürzungen, die Strauss brauchte, damit aus dem Sprechstück eine Oper entstehen konnte.

Vielleicht trafen sie sich auch weiter unten an der Ilm? Mir jedenfalls hilft der Ort ungemein, um zu mir und meinen Rollen zu finden. Im Goethepark gibt es eine Bank, auf der ich viele Libretti studiert habe. TRISTAN, aber auch den RING, und natürlich ELEKTRA.

Hofmannsthal ist in meinen Augen ein Genie. Denken Sie an seine Zeilen aus der ELEKTRA: »Ich bin wie ein Hund an deiner Ferse, willst du in eine Höhle, spring ich dich von seitwärts an. So treiben wir dich fort, bis eine Mauer alles sperrt!« Mit solchen Sätzen habe ich Deutsch gelernt, ich habe lange über sie nachgedacht. Diese Dichtung ist so dunkel und so stark, und Hofmannsthals Elektra ist eine so sperrige und verrückte Persönlichkeit, es tut mir manchmal richtig weh, mich einzufühlen.

Freiraum Park: Wo heute Fosters Hunde tollen, haben vielleicht auch Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal seinerzeit Ideen für ELEKTRA ausgeheckt © Guido Werner
 

Einmal sagte mein Mann: »Ich möchte lieber nicht mit dir zusammenwohnen, während du an dieser Rolle arbeitest.« Das war zwar ein Scherz, aber ich weiß schon, was er meint. Diese Frau hat so viel Kraft, so eine Power, aber auch so viel Gewalt in sich.

Wenn ich lange an Elektra gearbeitet habe, brauche ich immer wieder Erholung, ich muss dann so schnell ich kann wieder in den Park, um Luft zu holen.

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