Gondelfahrt über den Styx - Deutsche Oper Berlin

AUS DEM HINTERHALT

Gondelfahrt über den Styx

Der Komponist Matthew Herbert nimmt uns mit auf eine akustische Bootsfahrt durch Venedig.

Ein Feature von Martina Helmig, ersterschienen in der Beilage der Deutschen Oper Berlin in der Berliner Morgenpost, Februar 2017

Es wird schummerig in der Tischlerei, Kerzenlicht sorgt für eine intime Atmosphäre, Wellen plätschern an den Palazzimauern entlang, vielleicht hört man die Tauben am Markusplatz auffliegen oder einen Gondoliere singen. Auf jeden Fall aber erklingt aus der Ferne die Musik von Benjamin Britten.

Matthew Herbert
Matthew Herbert © 2014, Marcus Lieberenz
 

„Aus dem Hinterhalt“ heißt die neue, von Alexandra Holtsch konzipierte Reihe, die die Opernpremieren dieser Spielzeit auf der Studiobühne ergänzt, hinterfragt oder gegen den Strich bürstet. Die Abende haben Lounge-Charakter, eine frontale Bühne gibt es nicht. Der „Hinterhalt“ zu „Così fan tutte“ mischte mit einem fröhlichen Augenzwinkern Rap und Wiener Klassik. Der begleitende Abend zu Meyerbeers „Hugenotten“ über die Bartholomäusnacht fiel ernster und textorientierter aus. Nun gibt Matthew Herbert seinen Kommentar zu Benjamin Brittens letzter Oper „Tod in Venedig“ ab. Es kann ein sehr sinnlicher Abend werden.

Der britische Komponist Matthew Herbert überrascht den „Tod in Venedig“ hinterrücks
 

In der Oper reist der alternde Schriftsteller Gustav von Aschenbach in einer Schaffenskrise nach Venedig. Bei der Überfahrt mit einer Gondel zum Hotel erinnert der unbeirrbare und unheimliche Fährmann an den mythischen Charon. Tatsächlich wird es für den Künstler am Ende eine Reise in den Tod. Venedig ist für die Figur aus Thomas Manns Novelle Fluchtpunkt und Sehnsuchtsort. In Brittens Oper spielt die Stadt selbst eigentlich keine große Rolle. Matthew Herbert möchte der Oper nun den Genius loci, das venezianische Lokalkolorit, hinzufügen.

Mit mehreren Mikrophonen hat er eine einstündige Bootsfahrt auf dem Canale Grande aufgenommen. Die Klänge der Lagunenstadt werden zum Ausgangspunkt seines Hörtheaterabends. Auf dem imaginären Gondelausflug in der Tischlerei übernimmt Herbert selbst die Klangregie. Die originalen Geräusche von Wasser, Motoren und Menschen werden live von einem Touristenführer erläutert.

Natürlich wirken auch Sänger aus dem Ensemble der Deutschen Oper Berlin und Musiker aus dem Opernorchester mit. Leise singen und spielen sie Fragmente aus Brittens Oper. Sie sollen wirken wie Geisterstimmen hinter den Straßenecken, die immer wieder auftauchen und verschwinden. Die Gondelfahrt auf dem Canale Grande symbolisiert zugleich eine Passage über den mythischen Unterweltfluss Styx, wie es in „Tod in Venedig“ angedeutet wird. Schließlich gibt es einen Bruch in der ruhigen, meditativen Überfahrt. Wir betreten einen lärmigen Nachtclub, der vielleicht für das Totenreich steht. Im Rausch der Nacht machen wir Erfahrungen mit einer anderen Welt.

Der Brite Matthew Herbert hat sich als Komponist, Klangkünstler und Produzent vor allem elektronischer Musik einen Namen gemacht. Hin und wieder unternimmt er Ausflüge in die Welt der Klassik wie mit seinem Werk „Mahler Symphony X recomposed“. Für die Studiobühne des Royal Opera House in London hat er mit „The Crackle“ die Faust-Legende adaptiert. Auch an der Deutschen Oper Berlin ist er kein Unbekannter. Vor gut zwei Jahren gestaltete er in der Tischlerei die Veranstaltungswoche „The Recording“.

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