21. April 1871 – 25. August 1958

Leo Blech zum 150. Geburtstag

Leo Blech war 35 Jahre lang eine zentrale Figur des Berliner Musiklebens. In Charlottenburg führte er die Städtische Oper unter Intendant Heinz Tietjen in das erste Nachkriegsjahrzehnt. Am 21. April 2021 wäre er 150 Jahre alt geworden.

„Also es waren doch sehr viele noch da und sehr viel Neue, die mich vielleicht jetzt erst kennengelernt haben und auch sehr viele, die mich schon kannten und denen ich so eine Art von Erinnerung an Vergangenes darstellte. Nun, dieses Vergangene jetzt zu Gegenwärtigem zu machen, zu dem bin ich da.“ So der Dirigent und Komponist Leo Blech (1871-1958) 1949 in einem Interview für den RIAS. Von 1938–1941 hielt er sich erst in Riga, danach acht Jahre lang in Stockholm auf, wo er bereits seit 1925 regelmäßig dirigierte und 1935 zum Hofkapellmeister ernannt worden war; nach 11 Jahren des Exils kehrte er im September 1949, wenige Wochen vor der Gründung der DDR, nach Berlin zurück, sozusagen um „die Zinsen ein[zu]kassieren, die ich in 31 Jahren hier niedergelegt habe.“

Und was für Jahre das waren. Nach Stationen in seiner Heimatstadt Aachen und in Prag prägte Blech von 1906 bis 1937 das Berliner Musikleben; vornehmlich an der Lindenoper, wo er erst im Königlichen Opernhaus und dann in der Preußischen Staatsoper als (Königlicher) Generalmusikdirektor am Podium stand – ein Titel, der ihm 1913 von Kaiser Wilhelm II. verliehen wurde und der ihn in die Nachfolge von Spontini, Mendelssohn, Meyerbeer, Muck und Strauss stellte. Andere Dirigenten mussten sich mit dem Titel „Hofkapellmeister“ begnügen.

1923 kommt es zu Spannungen zwischen Blech und Staatsopernintendant Max von Schillings, woraufhin ersterer dem Haus zugunsten anderer Engagements vorerst den Rücken zukehrt. An der Städtischen Oper in Charlottenburg dirigiert er z.B. die Uraufführung von Emil Nikolaus von Rezniceks HOLOFERNES und eine ZAUBERFLÖTEN-Premiere, ehe der neue Intendant Heinz Tietjen Blech 1926 zurück ans Haus Unter den Linden holt. 1929 und 1930 wird Blech in Charlottenburg erneut mit SAMSON ET DALILA von Camille Saint-Saëns (dieses Jahr ebenfalls Jubilar mit 100. Todestag) und Georges Bizets CARMEN zu erleben sein.

Mit den Orchestern beider Opernhäuser, aber auch mit den Berliner Philharmonikern und dem London Symphony Orchestra nimmt Blech ab 1916 darüber hinaus zahlreiche Schallplatten auf.

Nachdem Blechs Position als Generalmusikdirektor der Staatsoper trotz seiner jüdischen Herkunft auch nach der „Machtergreifung“ zunächst durch eine entsprechende Anweisung Hermann Görings gesichert war, wird er im Frühjahr 1937 zunächst „beurlaubt“ und schließlich „aus Altersgründen“ entlassen.

Zwölf Jahre später prägen Brüche und Kontinuitäten 1949 Blechs Remigration. Obwohl sein langjähriger Unterstützer Tietjen ihn bereits im Mai 1945 wieder in seine „künstlerische Heimat“ zurückrief, kommt kein Vertrag mit der Staatsoper zustande. Auch andere alte Weggefährten wie der Regisseur Boleslaw Barlog, dessen TOSCA-Inszenierung seit 1969 zum Kernrepertoire der Deutschen Oper Berlin gehört, suchen den Kontakt – doch die Jahre der Vernichtung, sie können nicht ungeschehen gemacht werden, Blech erbittet sich Bedenkzeit.

Leo Blech bei Proben zu La forza del destino

Zwölf Jahre später prägen Brüche und Kontinuitäten 1949 Blechs Remigration. Obwohl sein langjähriger Unterstützer Tietjen ihn bereits im Mai 1945 wieder in seine „künstlerische Heimat“ zurückrief, kommt kein Vertrag mit der Staatsoper zustande. Auch andere alte Weggefährten wie der Regisseur Boleslaw Barlog, dessen TOSCA-Inszenierung seit 1969 zum Kernrepertoire der Deutschen Oper Berlin gehört, suchen den Kontakt – doch die Jahre der Vernichtung, sie können nicht ungeschehen gemacht werden, Blech erbittet sich Bedenkzeit.

Als Tietjen 1948 die Intendanz der Städtischen Oper übernimmt, folgt Blech seinem erneuten Ruf und seiner Bitte, das „arg zerzaust[e]“ Orchester zu sanieren, denn: „unter den Händen eines Leo Blech wird auch das klingende Piano wieder da sein und die Exaktheit im Holz und Blech (ich meine das aus Blech), dessen bin ich gewiss.“

Die Inszenierung von Carmen © Wunnicke, Dob, Archiv

Am 18.10.1949 im Theater des Westens – ob des beschränkten Platzes und der Anwesenheit des geschätzten Dirigenten liebevoll auch „Blech-Dose“ genannt –, wo das Ensemble bis zur Eröffnung des Neubaus 1961 spielte, also wieder CARMEN – ein Werk, das Blech mehr als 700 Mal dirigierte, zu dem er aber ansonsten keine „besondere Beziehung“ habe, O-Ton Blech: „Ich kenne die Dame persönlich nicht“. Regie führte Blech 1949 bei seiner triumphalen Rückkehr selbst.

In der Welt im Film vom 1. November 1949 sind Ausschnitte des 4. Akts und ein Interview mit dem 78jährigen Blech festgehalten. (ab Minute 8:23)>>> Hier geht es zum Archiv-Video 
 

Es folgen neun weitere Opernpremieren, größtenteils (spät-)romantisches Repertoire wie Verdis AIDA und LA FORZA DEL DESTINO, Humperdincks HÄNSEL UND GRETEL, D’Alberts TIEFLAND und Strauss’ ARIADNE AUF NAXOS, aber auch Franz Liszts DIE HEILIGE ELISABETH, eine ZAUBERFLÖTE sowie eine konzertante Aufführung von Ausschnitten aus Wagners PARSIFAL.

Bemerkenswert die Aufführungen von zwei seiner eigenen komischen Opern, VERSIEGELT und DAS WAR ICH, anlässlich seines 80. Geburtstags am 21. April 1951 – zu dem er auch eine Professur an der Hochschule für Musik erhält – in der Regie von Intendant Heinz Tietjen persönlich.

Das war ich © S. Enkelmann, DOB, Archiv

>>> In einem Interview am Vorabend der Premiere spricht Blech über sein Wirken <<<

Seine in langjähriger Erfahrung perfektionierte, effiziente Probenarbeit und sein Dirigat zeichneten sich – wie Berichte und Aufnahmen bezeugen – durch hohe Präzision aus, die er in gleichem Maße von seinem Orchester und seinen Sänger*innen forderte, schätzte er doch auch an sich selbst nicht zuletzt die Fähigkeit, das hohe musikalische Niveau nicht nur für die Premiere, sondern auch in Repertoirevorstellungen halten zu können.

Nach einem Sturz am Pult während einer Aufführung (wieder einmal CARMEN) verabschiedet sich Blech 1953 in den zweiten, diesmal selbstgewählten Ruhestand: „Nach 62 Jahren strammer Arbeit hatte ich ein Recht, aufzuhören“, so sein Kommentar.

Dass wir zu seinem 150. Geburtstag dieses ganz besonderen Künstlers gedenken, dessen Karriere durch gleich mehrere Zeitenwenden verlief, hätte ihm sicher gefallen, klagte er doch schon hochbetagt einem Reporter der Radio-Revue: „Ich bin sozusagen etwas im Schmollwinkel und habe manchmal das Gefühl, dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze. Ich weiß nicht, wieweit jetzt Nach- oder Mitwelt ist.“

Versiegelt © Wunnicke, DOB, Archiv

Newsletter

Aktuelles zum Spielplan
und zum Vorverkaufsbeginn
Persönliche Empfehlungen
Besondere Aktionen ...
Seien Sie immer gut informiert!

Newsletter abonnieren

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie 25% Ermäßigung bei Ihrem nächsten Kartenkauf

* Pflichtfeld





Newsletter