Markus Brück - Deutsche Oper Berlin

Mein Seelenort

Markus Brück

Markus Brück ist Bariton und singt seit 18 Jahren im Ensemble der Deutschen Oper Berlin – etwa die Titelrolle in Verdis RIGOLETTO. Ruhe findet er im Tierpark Berlin

Markus Brück in RIGOLETTO

Musikalische Leitung: Stephan Zilias; Inszenierung: Jan Bosse; Bühne: Stéphane Laimé; Kostüme: Kathrin Plath; Mit Attilio Glaser, Markus Brück, Elena Tsallagova, Samuel Dale Johnson, Byung Gil Kim, Cornelia Kim, Thomas Lehman, Paul Kaufmann, Tobias Kehrer, Maiju Vaahtoluoto, Bryan Murray und Amber Fasquelle
6., 13. Februar 2019

Zuerst geh ich zu den Seekühen. Sie ziehen in einem großen Aquarium im Elefantenhaus ihre Bahnen. Ich stehe gern vor den dicken Scheiben und passe mich dem Tempo dieser wunderschönen Tiere an. Sie sind so herrlich langsam, auch in freier Wildbahn sind die nicht schneller. Ich beneide die Leute, die diese Scheiben im Seekuh-Aquarium von innen säubern, die sind dann ganz nah bei den Tieren. Natürlich hält diese Seekuh-Ruhe nicht lange an, im Berliner Alltag lässt sich das schwer bewahren. Ich liebe den Tierpark in Berlin-Friedrichsfelde, die Riesengehege und all den Platz. Oper ist so überzeichnet –  wenn ich mir hier die Viecher angucke, dann komme ich gut runter. Hier habe ich Ruhe, um Rollen zu lernen, bei mir zu bleiben, die Partien durchzugehen. Ich komme alle paar Wochen, häufiger schaffe ich es nicht, denn die Anreise dauert für mich eine Stunde.

Ich singe jetzt wieder den Rigoletto. Der ist für mich ein Mensch mit Hospitalismus. Das kennt man von Zootieren, manche werden aggressiv, wenn sie eingesperrt sind. Rigoletto sperrt sich selbst ein, er ist gefangen in seinem eigenen Leben – und geht aggressiv alles an, was seine Bahnen kreuzt. Er ist ein unglaublicher Pessimist, Einzelgänger, sozial untauglich und völlig überfordert mit seinem Kind. Ein sehr unangenehmer Zeitgenosse. Selbst am Ende reflektiert er nicht seine Schuld. Rigoletto ist einer der wenigen Operncharaktere, den ich nicht sympathisch finde. Ich finde ihn fürchterlich. Er bedauert sich nur. Dabei ist er die Ursache und der Vorantreiber seiner eigenen Katastrophe. Alles, was ihm in dieser Oper passiert, hat er selbst herbeigeführt. Er ist ja nicht eingesperrt wie die Tiere hier, aber seine Angst hält ihn gefangen. Die große Herausforderung ist, ihn trotzdem als fühlendes Wesen zu begreifen.

Es gibt gewisse Tiere, die kriegen nicht so oft Besuch. Der Dachs etwa wohnt in einer Sackgasse. Der ist ganz aufgeregt, wenn mal jemand vorbeikommt. Vielleicht denkt er: »Oh nein, gerade jetzt, wo Publikum kommt, hab’ ich meinen Text vergessen!« Davon träume ich immer noch: dass ich meinen Text vergesse. Gerade neulich. Da stand ich im Traum in Unterwäsche auf der Bühne und hatte überhaupt keine Ahnung, welches Stück ich singen muss. Es kam mir wirklich überhaupt nichts bekannt vor.

Ich mag die Asiatischen Rothunde, sie sind größer als Füchse und kleiner als Wölfe und haben ein rotbraunes Fell. Sie sind sehr neugierig und laufen herbei, wenn ich mit meinen Hunden an ihrem Zwinger vorbeigehe. Sie schauen mich an, als würden sie denken: Was ist denn das für ein langes Tier, und warum hat es nur zwei Beine? Die Rothunde beobachten auch meine Hunde genau. Vielleicht denken sie: Mhmmm, Frühstück! In freier Wildbahn hätten meine Straßenköter-Mischlinge natürlich keine Chance gegen sie.

Im Tierpark singe ich eher nicht. Ich weiß nicht, wie die Zootiere auf meinen Gesang reagieren würden, aber meine drei Hunde hören mich oft singen, und sie beschweren sich nicht. Beim letzten Mal haben sie den Flügel angeknabbert – aber sie laufen nicht weg! Ich habe mal von einem Pianisten gehört, der nur für Elefanten spielt. Die sind wohl absolut begeistert von Beethoven. Manchmal denke ich: So ein großer Bauernhof außerhalb von Berlin, ein Haufen Frischlinge, ein Babykänguru, hier noch ein Gehege bauen und da noch eins, das wäre es! Aber die Zeit habe ich nicht. Irgendwann würde wahrscheinlich die Oper anrufen und fragen: Willst du nicht mal wieder für uns singen?

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