Mein Seelenort

Oh Ihr Fröhlichen

Zum Ende des Jahres wird es festlich, überall auf der Welt: Es wird geschmückt, gesungen, geschlemmt. Und wie feiern die Menschen, die normalerweise für uns singen, spielen, beleuchten? Sieben von ihnen erzählen

 

Die armenische Sopranistin Mané Galoyan
 

... singt seit dieser Saison im Ensemble der Deutschen Oper Berlin. An den Feiertagen mixt sie gern Weihnachtsdrinks mit Kräutern — In Armenien feiern wir Weihnachten traditionell am 6. Januar. Am Abend davor, unserem Heiligabend, zünden wir in den Häusern und Kirchen Kerzen an, um das Ende der dunklen Tage und der langen Nächte zu feiern. Früher, als ich noch klein war, haben wir an dem Tag immer Weihwasser aus der Kirche geholt und damit der Taufe Christi gedacht. Ich habe das Weihnachtsessen geliebt: Meine Großmutter kocht immer ein spezielles Gericht aus Reis, das wir Pilaw nennen. Dazu mischt sie den Reis mit einem köstlichen süßen Dressing aus Trockenfrüchten und Nüssen. In meiner Heimatstadt Gyumri, wo ich aufgewachsen bin, nennt man das »Pilaw mit Mitgift«. Dazu gibt es gedämpfte Forelle mit Kräutern. Und es wird Rotwein getrunken, als Symbol für das Blut Christi. Auch Singen gehört für mich dazu: Seit ich zwölf war, habe ich mit meinem Chor an den Feiertagen Konzerte gegeben. Aber seit vielen Jahren feiere ich anders: mit meinen Freunden in den USA. Wir hören die Weihnachtsplatte von Whitney Houston rauf und unter, am liebsten mag ich ihr »Have Yourself a Merry Little Christmas«. Wir pflegen sogar eine eigene kleine Tradition: Jedes Jahr denken wir uns einen neuen Weihnachtsdrink aus. Letztes Jahr haben wir Granatapfelpunsch gemacht, davor gab es selbst gemischten Glühwein und diesmal verfeinern wir Champagner mit Rosmarin und Himbeeren. Lecker! —

 

Der Tenor Jwa Kyum Kim
 

... wuchs in Südkorea auf – und begann wegen eines Weihnachtslieds mit dem Singen — Als Teenager liebte ich die Band Boyz II Men, und am allermeisten ihr »Silent night, holy night«. Welch wundervolle Harmonien aus menschlichen Leibern kommen können! Mit einer kleinen Band haben wir das Lied sogar selbst performt. Da wurde mir klar: Ich will Sänger werden. Ich habe viele Jahre in Kanada gelebt – und raten Sie mal, warum ich das Land zu Weihnachten vermisse: Richtig, wegen des Turkeys, also des Truthahns. Und die Cranberry-Sauce, einfach köstlich! Leider kriege ich dieses Festmahl nicht so hin wie unsere Freunde in Kanada, also kochen meine Frau und ich zu Weihnachten koreanisch – aber das reicht einfach nicht an den Truthahn ran. Eine Sache habe ich am deutschen Weihnachten lieben gelernt: den Baumkuchen. Jedes Jahr kaufen wir uns ein riesiges Stück in einer kleinen Bäckerei am Tiergarten. —

 

Die iranische Altistin Mahtab Keshavarz
 

... singt im Chor der Deutschen Oper Berlin. Zum Ende des Jahres feiert sie das Licht — Ich habe Weihnachten schon als Kind geliebt, die Lichter, den Schmuck – obwohl es im Iran nicht gerade ein populäres Fest ist. Unser großer Feiertag ist die Yalda-Nacht am 21. Dezember, das ist die Nacht der Wintersonnenwende: Wir feiern also, dass die Tage wieder länger werden. Heutzutage feiere ich beides, nicht aus religiösen Gründen, sondern weil ich in der dunklen Jahreszeit das Licht und die Farben ehren will. Um Farbe ins Dunkle zu bringen essen wir an Yalda hauptsächlich rote und orangefarbene Speisen, Granatäpfel, Kakifrüchte, Wassermelonen, obwohl die auch im Iran in dieser Jahreszeit echt schwer zu kriegen sind. Die ganze Nacht wird gegessen! Und wir lesen aus dem Divan, dem berühmten Gedichtband von Hafez. Seine Texte sind wie Orakel: Wir formulieren eine Frage, und wählen dann wie zufällig ein Gedicht, das als Antwort gelesen wird. —

 

Die Geigerin Keiko Kido-Lerch ...
 

Am Ende des Jahres denkt die Geigerin Keiko Kido-Lerch an ihre Kindheit in Japan – an das Neujahrsfest, die Speisen und Gebete — Meine Familie ist shintoistisch, wir feiern traditionell nicht Weihnachten, sondern das neue Jahr, am 1. Januar. Früher sind wir am Neujahrsmorgen bei Sonnenaufgang zum Tempel gelaufen und haben gebetet, dass die Familie das ganze Jahr über gesund bleibt. Neujahr ist in Japan auch ein Fest des gemeinsamen Essens, meine Mutter hat viele Tage gekocht, die haltbaren Gerichte hat sie in großen Schachteln gestapelt. Alles an diesen Speisen hat eine Bedeutung, die Fischsorten, die Reihenfolge, sogar die Art, wie die Algen um den Fisch gewickelt werden. Normalerweise reist meine Mutter jedes Jahr aus Japan an, mit allen Zutaten im Gepäck, aber nun kann sie wegen Corona nicht kommen, und ich bekomme hier einfach nicht alles, was ich benötige. In Japan sagt man: Alle Stäbchen in einem Topf verbinden eine Freundschaft. Ich glaub, ich mache dies Jahr einfach Fondue: Da essen auch alle aus einem Topf. —

 

Pia Goertz ...
 

... lernt als Auszubildende für Veranstaltungstechnik Beleuchtung, Ton und Bühnentechnik – und freundet sich damit an, bald an Weihnachten auch mal arbeiten zu müssen — Ich bin vor anderthalb Jahren für die Ausbildung nach Berlin gezogen und bin in der Zeit selten nach Hause gefahren, darum sind die Feiertage in erster Linie die Freude und das Wiedersehen mit meinen Eltern. Wir sitzen gemütlich zusammen, erzählen, schmücken den Baum in Rot und Gold. Als ich klein war, haben wir jedes Jahr eine besonders schöne Kugel auf dem Weihnachtsmarkt gekauft. Meine Lieblingskugel ist ein goldener Stern, der von allen Seiten funkelt und glitzert. Am Theater ist der einzige wirklich freie Tag im Jahr der Heiligabend. Natürlich kann ich mir Besseres vorstellen, als Weihnachten zu arbeiten, aber dieser Job ist eben genau das, was ich machen will. Das gemeinsame Fiebern hinter den Kulissen, ob alles auf der Bühne klappt – das ist dies kleine Opfer einfach wert. —

 

Der taiwanische Tenor Ya-Chung Huang
 

... lebt seit sieben Jahren in Deutschland. Zum Fest wünscht er sich das Weihnachtsoratorium von Bach – live gespielt — Dieses Jahr feiere ich Weihnachten mit meiner Frau allein, vielleicht kommt noch ein Freund zu Besuch. Wir kochen Dumplings, ich bereite den Teig aus Mehl, Salz und Wasser vor, rolle ihn fein aus, schneide ihn zurecht. Meine Frau macht die Füllung aus Fleisch, Lauch und Ingwer und formt die Taschen. In Taiwan essen wir Dumplings zum chinesischen Neujahr im Februar, dem höchsten Fest des Jahres. Alle Leute haben dann zehn Tage frei, treffen sich mit ihren Familien, zünden Feuerwerke und spielen die Nacht durch Mahjong. Hier in Berlin, hören wir über die Feiertage das Weihnachtsoratorium von Bach, das mag ich besonders. Ich habe es noch nie live erlebt – und dies Jahr sieht es wieder schlecht aus. Aber wer weiß, vielleicht klappt es ja noch? —

 

Der Geiger André Robles Field ...
 

... setzt die Tradition seiner Familie aus Costa Rica fort: Er schmückt im Advent seine Krippe — In Costa Rica feiern wir den kompletten Dezember: Jede Familie kocht am Anfang des Monats Tamales, kleine Taschen aus Mehl und Fleisch, in Blättern gedämpft. Egal wer im Advent zu Besuch kommt: Jeder bekommt Tamales. Dann wird die Krippe aufgebaut. Meine Eltern besitzen eine, die ist drei Mal drei Meter groß, sie nimmt ein halbes Zimmer ein. Im Zentrum steht die Heilige Familie, um sie herum Bethlehem, mit Häusern und Tieren. Meine Großmutter hat sogar einen Fluss in ihrer Krippe, mit echtem Wasser! Letztes Jahr hat meine Mutter mir eine eigene Krippe geschenkt, die ist aber noch nicht so voluminös. Manchmal denke ich daran, wie ich früher mit meiner Familie im Advent von Haus zu Haus gezogen bin, mit Gitarren, und wir Lieder wie Geschenke verteilt haben. Vielleicht mache ich das bald auch hier, für Freunde und Kollegen. —

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