Curt A. Roesler, 24. September 2019

George Fortune in memoriam

(1931 – 2019)

Noch nicht dreißigjährig kam George Fortune 1960 in Europa an.  Er debütierte in Ulm als Ford in DIE LUSTIGEN WEIBER VON WINDSOR von Otto Nicolai und gewann im folgenden Jahr den 1. Preis des renommierten ARD-Wettbewerbs in München. Die Fachkollegen Roland Herrmann und Benjamin Luxon erhielten den 3. Preis. Beim Norddeutschen Rundfunk debütierte George Fortune daraufhin in einer deutschsprachigen Gesamtaufnahme der BOHEME mit einer seiner späteren Paradepartien als Maler Marcello. Mit von der Partie war der Erste Preisträger von 1960, Iwan Rebroff, dessen Karriere abgesehen von Prinz Orlofsky in DIE FLEDERMAUS bekanntlich in andere Gefilde führten. Ebenfalls mit dabei war Evelyn Lear, die bereits mit der Deutschen Oper Berlin (bzw. der Städtischen Oper) im Kontrakt stand, und Donald Grobe, dessen Debüt an der Deutschen Oper Berlin mit Don Ottavio in der Eröffnungsvorstellung DON GIOVANNI unmittelbar bevorstand, sowie William Dooley, der im Jahr darauf nach Berlin kam. Die Aufnahme entstand für eine Fernsehproduktion, die am 25. Dezember 1962 zum ersten Mal ausgestrahlt wurde (und dank Youtube heute halblegales Allgemeingut ist).

George Fortune
 

Über Ulm und Augsburg und nach dem zwischenzeitlichen Debüt an der Wiener Staatsoper kam George Fortune 1965 in das Ensemble der Deutschen Oper Berlin, in dem er sich schnell zu einer zentralen Figur entwickelte. Er übernahm in vielen Premieren die Partien seines Fachs und war vor allem auch ein verlässlicher Zweiter, der die Hauptpartien in zahlreichen Repertoirevorstellungen übernahm, auch wenn ihm die Ehre der Premiere nicht zugekommen war. Mit Lorin Maazel trat er seine neue Wirkungsstätte an und in dessen weltweit beachteter erster Berliner Premiere LA TRAVIATA sang er den Baron Douphol. Sein Repertoire war weit gefächert und umfasste sowohl Ur- und Erstaufführungen wie LOVE‘S LABOUR‘S LOST von Nicolas Nabokov oder WIR ERREICHEN DEN FLUSS von Hans Werner Henze, als auch Opernhits wie DER BAJAZZO oder EIN MASKENBALL. Gerd Albrecht setzte ihn gerne bei seinen Erkundungen zur Erweiterung des Repertoires ein, nicht nur sang er den Grafen Tomskij in PIQUE DAME, sondern auch den André Thorel in der konzertanten Aufführung der THERESE von Jules Massenet, die auch – allerdings nicht in der Deutschen Oper Berlin, sondern in Italien – auf Schallplatte/CD aufgezeichnet wurde. Auch in OLYMPIE von Gaspare Spontini, die Albrecht nicht in der Deutschen Oper Berlin realisieren konnte, sondern in der Philharmonie mit dem RSO, wirkte er mit. In der konzertant am Klavier wiederbelebten Oper HOLOFERNES von Nikolaus von Reznicek, die am Deutschen Opernhaus Charlottenburg 1923 uraufgeführt worden war, trat er später in die Fußstapfen des großen deutschen Bassbaritons Michael Bohnen. George Fortune warf sich mit dem gleichen Elan in traditionelle wie moderne Inszenierungen. So konnte man ihn kurz nacheinander in LA GIOCONDA, inszeniert von Filippo Sanjust im Stil der Uraufführung und in DIE MACHT DES SCHICKSALS, inszeniert von Hans Neuenfels erleben. 1995 ließ er sich mit viel Selbstironie auf Götz Friedrichs Spiel mit den Sängern in CARMINA BURANA ein, das auf eine liebevolle Parade der Musikereitelkeiten hinauslief. Das war seine letzte große Premiere an der Deutschen Oper Berlin unter dem damaligen Generalmusikdirektor Rafael Frühbeck de Burgos. Im gleichen Jahr wurde ihm der Titel „Berliner Kammersänger“ verliehen. Mit der Baritonpartie in CARMINA BURANA verabschiedete er sich im März 2001, nach fast 36 Jahren, von seinem Berliner Opernpublikum. Danach trat er noch vereinzelt als Opernsänger u. a. in den USA (wo er 2004 seinen endgültigen Bühnenabschied feierte) und in Berlin noch einmal bei einem Konzert des Ärzteorchesters auf. Weiterhin wirkte er als Gesangspädagoge und bildete eine ganze Generation von jungen Sängern aus.

Der 1931 in Boston geborene Sänger studierte zunächst Philosophie und Sprachen in seiner Heimatstadt und an der Georgetown Universität in Washington D. C. Seine stimmliche Ausbildung erhielt er bei dem berühmten amerikanischen Bariton Todd Duncan, der 1935 in Boston die Rolle des Porgy aus der Taufe gehoben hatte. George Fortunes Stimme zeichnete sich durch eine besondere menschliche Wärme aus, die den in der Farbe bis zur Schwärze dehnbaren Kern umschloss.

Seine größten Erfolge feierte er im italienischen Fach: 1985 gab er als Tonio in PAGLIACCI sein Debüt an der Metropolitan Opera New York, wo er auch der Amonasro in Verdis AIDA, Scarpia in TOSCA und Jack Rance DAS MÄDCHEN AUS DEM GOLDENEN WESTEN von Puccini war. Oft sang er neben Plácido Domingo, zu dessen Timbre und Art des Singens das seine ideal passte. So in TOSCA, OTELLO, LA GIOCONDA und DAS MÄDCHEN AUS DEM GOLDENEN WESTEN.

George Fortune hat diverse Schallplatten und CDs eingespielt: neben den erwähnten THERESE und OLYMPIE, ARMIDA von Antonín Dvořák, sowie einige Oratorien wie „Christus“ von Franz Liszt, die „Krönungsmesse“ von Wolfgang Amadeus Mozart und „La Vita nuova“ von Ermanno Wolf-Ferrari.

Wir sind in Gedanken bei der Witwe von George Fortune und wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

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