Es beginnt mit einer kleinen Kulturrevolution. Vor über hundert Jahren kämpfen die Gründer der Deutschen Oper Berlin für ein innovatives, bürgerliches Musiktheater. Es folgten glorreiche Hochs und niederschmetternde Tiefs. Internationale Erfolge, Schallplattenaufnahmen, Krieg und Zerstörung, ein Aufsehen erregender Neubau, zugleich die Teilung der Stadt. Was alle Generationen eint, ist die Liebe zur Musik.

In den Jahren vor dem ersten Weltkrieg regt sich Unmut unter Berliner Opernfans. Die Hofoper Unter den Linden gilt als erstarrte Repräsentationsbühne des Kaisers. Viele Musikliebhaber wünschen sich fortschrittliche, unkonventionellere Inszenierungen. In Charlottenburg, damals eine eigenständige Stadt, tun sich Intellektuelle und wohlhabende Bürger zusammen und gründen das Deutsche Opernhaus. Innerhalb eines Jahres lässt der Magistrat ein Gebäude errichten, an derselben Stelle, wo sich seit 1961 der Neubau der Deutschen Oper Berlin befindet. Mit 2300 Plätzen ist das damalige Musiktheater eines der größten der Welt.

Die Erwartungen an das neue Haus sind riesig. 1000 Musiker bewerben sich auf 75 Stellen im Orchester. Das Stellenvermittlungsbüro des Deutschen Musikerverbandes wählt die besten aus. Am 7. November 1912 eröffnet Chefdirigent Ignatz Waghalter das Deutsche Opernhaus mit einer Aufführung von FIDELIO. Waghalter, ein virtuoser Geiger und Pianist, ist ein Fan von Giacomo Puccini, dessen Opern zu dieser Zeit in Deutschland keinen Erfolg haben. Das ändert Waghalter: Gemeinsam mit dem Komponisten studiert er Puccinis Oper DAS MÄDCHEN AUS DEM GOLDENEN WESTEN ein und führt sie erstmals in Deutschland auf – mit großem Erfolg. Werke von Richard Strauss, auch er ein zeitgenössischer Komponist, bilden einen weiteren Schwerpunkt des neuen Repertoires, ebenso die Musikdramen von Richard Wagner.

Nach dem Ersten Weltkrieg starten Mitglieder des Orchesters die Initiative für einen Neubeginn: An Sonntagvormittagen führen sie die „Volkstümlichen Sinfoniekonzerte im Deutschen Opernhause zu Charlottenburg“ auf. Auf eigene Kosten beschaffen sie so eine hölzerne Konzertmuschel, die die Bühnenakustik verbessert. 1920 wird Charlottenburg in die Reichshauptstadt Groß-Berlin eingemeindet und der Name des Hauses wird geändert: Städtische Oper. Mit Kapellmeister Eduard Mörike nimmt Waghalter erste Schallplatten auf. Künstler wie Bruno Walter, Paul Dessau, Wilhelm Furtwängler, Leo Blech und Fritz Busch dirigieren das Orchester. Staatsoper Unter den Linden, Komische Oper und Städtische Oper: Ende der 20er Jahre genießt die Opernlandschaft in Berlin mit ihren drei Häusern Weltruf.

1934, in der Amtszeit des Generalmusikdirektors Artur Rother, gastiert Karl Böhm zum ersten Mal in der Charlottenburger Oper. Über fünf Jahrzehnte wird er ihr verbunden bleiben. Besonders den Opern Mozarts hat Böhm eine eigene musikalische Handschrift verliehen. Generationen von Dirigenten haben sich daran orientiert.

1943 wird das Deutsche Opernhaus bei einem Bombenangriff zerstört. Wenige Monate nach Kriegsende, im Herbst 1945, zieht das Orchester ins noch heute bestehende Theater des Westens am Bahnhof Zoo. 1948 studiert es mit Ferenc Fricsay DON CARLOS von Verdi ein. Nicht nur die Musiker sind von dem neuen Generaldirektor Fricsay begeistert – auch für Dietrich Fischer-Dieskau bedeutet CARLOS eine Zäsur: In der Rolle des Marquis Posa startet er seine Weltkarriere.

1961 ist der Neubau mit der Aufsehen erregenden Betonfassade in der Bismarckstraße 34-37 fertig. Das Orchester kehrt zurück an den alten Ort mit neuen 1865 Plätzen. Wenige Wochen nach dem Berliner Mauerbau, am 24. September 1961, führen sie die erste Oper auf, Mozarts DON GIOVANNI. Weil sich Staatsoper Unter den Linden und Komische Oper im Ostteil der Stadt befinden, übernimmt das Charlottenburger Haus plötzlich und ungeplant die Rolle der Repräsentationsbühne des Landes Berlin. Es wird erneut unbenannt, in Deutsche Oper Berlin.

Ab 1965 gibt Generalmusikdirektor Lorin Maazel dem Orchester entscheidende Impulse. Karl Böhm, Heinrich Hollreiser und Eugen Jochum verstärken als Gastdirigenten ihr Engagement an der Deutschen Oper Berlin. Zusammen mit berühmten Dirigenten wie Herbert von Karajan, Zubin Mehta, Daniel Barenboim, Peter Schneider, Horst Stein oder Erich Leinsdorf prägen sie das Haus an der Bismarckstraße.

Dann tritt Giuseppe Sinopoli vor das Orchester. Als er 1980 Verdis MACBETH einstudiert, gewinnt er die Herzen der Musiker im Sturm. Sinipoli ist ein Klangmagier, schon durch kleine Nuancen erzeugt er große Spannung. Die Musiker mögen ihn, die Chemie zwischen Chef und Orchester stimmt von Anfang an. Maßstäbe setzende CD-Aufnahmen (MACBETH, SALOME, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER) sind immer noch Zeugnisse dieser besonderen Zusammenarbeit. Tragisch, dass sein Leben am 20. April 2001, während einer AIDA-Vorstellung, im Orchestergraben der Deutschen Oper Berlin nach einem Herzinfarkt viel zu früh enden musste.

Die Jahre 1981 bis 2000 werden vor allem geprägt von Prof. Götz Friedrich. Als Generalintendant und Chefregisseur entwickelt er unvergleichliche Inszenierungen, vor allem die des RING DES NIBELUNGEN. 1990 scheitern Friedrichs Vertragsverhandlungen mit dem beliebten Giuseppe Sinopoli. Das Orchester wählt Rafael Frühbeck de Burgos zu seinem Chef. Dieser besonders im Konzertbereich versierte Dirigent wird das Orchester von 1992 bis 1997 als Generalmusikdirektor leiten.

Frühbeck de Burgos ist es, der gemeinsam mit den Musikern die Tradition der Sinfoniekonzerte wiederaufleben lässt. In den 1990er Jahren musiziert das Orchester sechs Sinfoniekonzerte als Gast im Konzerthaus Berlin und in der Berliner Philharmonie. In diesen Jahren sichern Gastdirigenten wie Marcello Viotti, Alberto Zedda, Lothar Zagrosek, Stefan Soltesz, Jiri Belohlavek und Christof Prick, der einige Jahre auch Staatskapellmeister am Hause war, sowie Lawrence Foster die musikalische Qualität des Orchesters. Horst Stein dirigiert einen triumphalen RING.

Ein bemerkenswertes Debüt findet 1992 statt: Erstmals leitet der Berliner Dirigent Christian Thielemann einen in der Rückschau fulminanten LOHENGRIN. Die Musiker wünschen sich ihn zum Chef.

Von 1997 bis 2004 ist Thielemann Generalmusikdirektor der Deutschen Oper Berlin und Künstlerischer Leiter der Sinfoniekonzerte. Ihm verdankt das Orchester Opern- und Konzertabende von Weltklasseformat, vor allem durch seine Interpretationen der Werke von Richard Wagner und Richard Strauss. Mit diesen Komponisten hat sich bereits knapp hundert Jahre zuvor die neugegründete Charlottenburger Oper in die Gunst der Zuschauer gespielt – sicher kein Zufall. Aus der ganzen Welt reisen Opernfans an, um Thielemanns Aufführungen zu erleben. 2004 gibt er sein Amt auf – die finanzielle Ungleichbehandlung des Orchesters der Deutschen Oper Berlin im Vergleich zur Staatskapelle Berlin will er nicht länger mittragen.

Kirsten Harms, von 2004 bis 2010/2011 Intendantin der Deutschen Oper Berlin, engagiert zunächst den italienischen Dirigenten Renato Palumbo als Generalmusikdirektor. In dieser Zeit arbeitet das Orchester außerdem intensiv mit Andris Nelsons, Enrique Mazzola, Yves Abel, Jacques Lacombe und Ulf Schirmer und feiert mit ihnen große Erfolge. 2007 erklingt der RING in der legendären Inszenierung von Götz Friedrich. Das Orchesters begegnet dabei erstmals Donald Runnicles. Sowohl die Musiker, als auch Publikum und Kritik sind begeistert.

Runnicles scheint musikalisch zaubern zu können. Er verfügt über enorme Erfahrung und hat Erfolge an führenden Opernhäusern der Welt gesammelt. Die San Francisco Opera hat er als Chefdirigent mit einem vielschichtigen Repertoire zu Weltruhm geführt. 2009 wird er auf Wunsch des Orchesters zum Generalmusikdirektor der Deutschen Oper Berlin ernannt. Das Kernrepertoire mit Opern von Wagner und Strauss bleibt bestehen. Daneben wird Runnicles mit dem Orchester eine musikalische Neudeutungen der Werke von Debussy, Britten und Berlioz erarbeiten. Runnicles Kontinuität, seine Präzision in Proben und Aufführungen sowie die Fähigkeit, »sein« Orchester zu Farbenreichtum und Klangdifferenzierung zu inspirieren, sind der Garant dafür, dass die herausragende Qualität des Orchesters der Deutschen Oper Berlin auch in Zukunft erhalten bleibt und sich weiter entwickeln wird.

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